VALORTREE

Projekt "Validierung des phytotoxischen Ozonflusses in Nadeln und Blättern als Voraussetzung für eine realistische, integrierte Risikobewertung für die Ökosystemleistungen der Wälder in Deutschland“ (valORTree)

Manuela Baumgarten, Bálint Georg Jákli, Ludger Grünhage, Marc Goebel

PL Dr. Manuela Baumgarten

Die schädigende Wirkung von erhöhten Konzentrationen bodennahen Ozons (O3) auf Pflanzen ist in zahlreichen Untersuchungen nachgewiesen. Bei zunehmender Belastung durch bodennahes O3 ist daher anzunehmen, dass die Produktionsleistung und Kohlenstoffspeicherkapazität natürlicher Ökosysteme gemindert und ihre Funktionen und Dienstleistungen auf globaler und nationaler Ebene beeinträchtigt werden. Anthropogenes O3 trägt neben den „klassischen“ Treibhausgasen nicht nur unmittelbar zu einer Erhöhung des Strahlungsantriebes in der Atmosphäre und damit zur Klimaerwärmung bei, sondern es beeinflusst auch indirekt den Kohlenstoff-Kreislauf zwischen den Landoberflächen und der Atmosphäre durch Einschränkung der pflanzlichen Kohlenstoff-Fixierung und -speicherung.
Als belastbare Grundlage für zukünftige O3-Risikobewertungen für Waldbäume sind die Validierung der modellierten Ozonaufnahme und die nachfolgende Anpassung der Modellparametrisierung die Voraussetzung.
Das Hauptziel unseres neuen Forschungsprojekts, dessen experimentelle Phase im Frühjahr 2019 begonnen hat, besteht darin, die Ozonrisikobewertung und -modellierung für Waldbäume ausgehend von zukünftigen Klimaszenarien basierend auf den kürzlich etablierten RCP-Szenarien (representative concentration pathways, IPCC 2013) unter Berücksichtigung der Veränderung troposphärischen O3 und CO2 weiterzuentwickeln und zu verbessern.
Für die Berechnung der von Pflanzen aufgenommenen Ozondosen müssen stomatäre Ozonflüsse und weitere Gaswechselparameter bestimmt werden. Zur Abschätzung der Risiken für Waldbäume werden die Biomasse und allometrische Daten der Bäume, die N- und C-Allokation, die Feinwurzelentwicklung und die Veränderungen der ecto-Mykorrhiza-Diversität, u.a. untersucht.
Das Experiment wird für zwei Vegetationsperioden in den neuen Phytotronen von TUMmesa mit 5-8 Jahre alten Buchen und Fichten durchgeführt (Naturverjüngung vom Waldstandort, kultiviert in ihrem natürlichen Bodenmonolith). Als „Muster“-Waldregion für Deutschland wurde eine Mittelgebirgsregion (Spessart) für die Simulationen gewählt.

Experimentelles Design in den Phytotronen:

  1. Simulation eines O3-Gradienten unter Standardklima / CO2-Bedingungen
    Um Ozon-Dosis-Wirkungs-Funktionen zu erhalten, die an die gegenwärtigen Bedingungen angepasst sind und um realistische Zielwerte für Fichte und Buche abzuleiten, werden vier verschiedene O3-Konzentrations-Regime verwendet (Abb. 1: OG - vorindustriell, ambient, mäßig erhöht und hoch, jeweils im saisonalen und täglichen Verlauf)
  2. Simulation eines zukünftigen Klimas inklusive des entsprechenden O3 -/ CO2-Regimes:
    Um die Auswirkungen eines sich verändernden Klima- und Emissionsszenarios in der Zukunft zu bewerten, werden tägliche Zyklen für ein „best case“ und ein „worst case“ Zukunftsszenarien nach RCP 2.6 bzw. RCP8.5  für den Zeitraum um 2100 simuliert. Da eine defizitäre Wasserversorgung im Klima der Zukunft eine bestimmende Rolle für Produktivität und die Artenzusammensetzung haben wird, werden die Zukunftsszenarien auch inklusive moderater Trockenperioden simuliert. (Abb. 1: CCO, CCO + drought).

Die realitätsnahe Simulation der entsprechenden O3- und CO2-Regime werden Aufschluss über kombinierte Effekte unter den prognostizierten Climate Change Bedingungen geben. So können Zukunfts-Dosis-Wirkungs-Funktionen für Waldbäume entwickelt werden.
Mittels der Varianten mit Trockenheit kann die zukünftige Wirkung erhöhter O3- und CO2 Konzentrationen auf die Stomataregulation und die Wassernutzungseffizienz und somit die Trockentoleranz der Bäume prognostiziert werden. Die Ergebnisse sollen in zukünftige Wachstumsmodelle implementiert werden.
Alle Simulationsdaten sind regionalisiert in Bezug auf den Musterwaldstandort und werden mit einer stündlichen Auflösung appliziert, da es wichtig ist Szenarien möglichst "realistisch" zu generieren und dabei keine „unphysiologischen“ Bedingungen für die Pflanzen zu generieren. So korrespondieren die stündlichen meteorologischen Daten mit den entsprechenden O3-Konzentrationswerten.

Die Simulationsdaten wurden von der Firma MeteoSolutions GmbH als charakteristische Zeitreihen für repräsentative Jahre in der Zukunft (verschiedene RCP Szenarien) anhand des Referenzstandorts generiert. Für die experimentelle Klimafolgenforschung stehen damit erstmalig regional bezogene, wissenschaftlich valide Klima- und Emissionsdaten für die Zukunft in hoher zeitlicher Auflösung zur Verfügung.

Die wichtigsten Ziele unseres Forschungsprojekts sind:

  • Bewertung des Ozonrisikos für Waldbäume in Deutschland
  • Weiterentwicklung und Re-Parametrisierung der Ozonflussmodellierung für Waldbäume unter Berücksichtigung steigender O3- sowie sich entsprechend der Prognosen zum Klimawandel zukünftig verändernder O3- und CO2 -Konzentrationen
  • Bewertung des Waldwachstums und der CO2-Senkenstärke von Wäldern durch Einbeziehung der Auswirkungen unterschiedlicher zukünftiger Klima- und Emissionsszenarien
  • Schaffung der Grundlagen zur rechtzeitigen Entwicklung waldbaulicher Anpassungsstrategien
  • Definition realistischer Zielwerte für die O3-Risikobewertung für Waldbäume


Hierzu sind die folgenden Anforderungen zu leisten:

  • experimentelle Überprüfung der bestehenden Ozon-Dosis-Wirkungs-Beziehung durch empirische, systematisch abgeleitete Messungen in kontrollierten Umgebungen
  • Bestimmung der stomatären Ozonaufnahme und Validierung Ozonflussmodellierung unter Berücksichtigung der O3- und CO2-Dosis-Wirkungs-Beziehungen zukünftiger Klimawandelszenarien auf der Grundlage der kürzlich festgelegten repräsentativen Konzentrationswege (RCP, IPCC 2013) einschließlich der sich ändernden troposphärischen O3- und CO2-Konzentrationen
  • Anpassung der Parametrisierung des Ozonrisikomodells FO3REST

Das Projekt wird vom Umweltbundesamt UBA gefördert.

Versuchdesign:


Simulationsdaten sind entsprechend der RCPs für Zeitraum um 2100 simuliert und regionalisiert anhand von Langzeitmessreihen von einer Messstation im Spessart

Modellprognosen für die Entwicklung der CO2-, O3- und Temperaturentwicklung

Surface Ozone (global average in ppb)

Vorbereitende Arbeiten ab April 2018:

valORTree- Experiment während der Vegetationsperiode 2019 in den TUMmesa-Phytotronen:

Simulations-Datareihe (April-September): Variante - future Climate Change, Szenario RCP8.5 (“worst case“), 2071-2100
Jahreszeitlicher Verlauf während des Experiments in TUMmesa (Probebäume: Buchen, Fichten)

Messungen:

  • Bodenfeuchte (10 HS, Meter Group)
  • Stammumfang-Dendrometer (Ecomatik)
  • Blatttemperatur und Transpiration (TransP, Ecomatik)
  • Blattgaswechselmessungen (LI-6400 und LI-6800, Licor)
  • Präzisionswägung, kontinuierlich
  • Mini-Rhizotron (Vienna Scientific) – Erfassung des Wurzelwachstums


Weitere Analysen:

  • Mikorrhizza-Untersuchungen
  • Boden- und Blattanalysen
  • Bonituren (Austrieb, Blattfall, Schadsymptome, etc.)
  • Allometrie
Erfassung der Evapotranspiration mit Präzisionswaagen; Transpirationssensoren and Blättern und Nadeln.
Beispiel eines Tagesgangs der Differenz aus Referenzkörpertemperatur und Blatttemperatur in abhängigkeit von externen Parametern; erfasst mit einem Ecomatik TransP-Sensor. Dargestellt sind Mittelwert von 10 Einzelsensoren ± SE (grau).
Beispiel für Transpiration und Leitfähigkeit eines Buchenblattes im Tagesgang; berechnet über einen Ecomatik TransP-Sensor.